Seelischer Beistand für Kranke/Begleiter

Wenn der Kranke und seine Begleiter seelischen Beistand brauchen

Pflegen und sich pflegen lassen - beides kann sehr anstrengend und belastend sein. Oft ist aber der Austausch untereinander über die schwierige Situation kaum möglich.

    • Was hilft uns, unsere Gefühle wahrzunehmen und anzuerkennen?
    • Mit wem können wir darüber sprechen?
    • Oder wie können wir sie sonst zum Ausdruck bringen?
    • Wie gehen wir mit eigener und fremder Überforderung um?
    • Sind wir fähig und bereit, uns helfen zu lassen?
    • Wie sorgen wir dafür, bei Kräften zu bleiben?
    • Was bedeutet Seelsorge für uns?

Wie Sie miteinander reden sollten

Wie Sie selbst bei Kräften bleiben können

Wie spirituelle Hilfe aussehen kann

 

Wie Sie miteinander reden sollten

Die Nähe eines Menschen, der sich einem Schwerstkranken zuwendet, ihm beisteht, zuhört und mit ihm spricht, erleichtert diesem seinen letzten Lebensweg.

Deshalb empfinden es Angehörige und Helfer - wie auch der Kranke selbst - häufig als sehr belastend, wenn der gegenseitige Austausch und das Gespräch zum Problem bzw. fast unmöglich werden.

Dies kann im Fortschreiten der Krankheit und insbesondere in der Endphase des Lebens geschehen. Die Betroffenen gewinnen den Eindruck, dass sie sich gegenseitig nur noch schwer erreichen und immer wieder neu nach geeigneten Formen des Beistehens und Begleitens wie auch des Begleitet-werdens suchen müssen. Nicht nur die Möglichkeiten eines Gesprächs im Sinne des gegenseitigen Austauschs werden geringer; das Verständigungsproblem reicht viel tiefer. Der Patient selbst kann das, was ihn bewegt und ihm in der konkreten Situation wichtig ist, auch nicht mehr so zum Ausdruck bringen wie in gesunden Tagen oder im bisherigen Krankheitsverlauf.

Besonders schwierig wird die Situation, wenn - als Folge der schweren Erkrankung - Beschwerden auftreten, die auf einen zunehmenden (und bleibenden) Verlust der geistigen Leistungsfähigkeit des Patienten hindeuten. Aufgrund von Störungen der Denkfähigkeit, der Erinnerungs- und der Orientierungsfähigkeit können verschiedene Formen von Verwirrtheit auftreten (zeitliche, räumliche, personen- oder situationsbezogene). Niemand weiß wirklich, wie es in einem schwerstkranken Menschen aussehen mag, wenn massive Verwirrtheit Besitz von ihm ergreift, und niemand ihm in sein "Labyrinth" der Gedanken und Gefühle zu folgen vermag. Viele reagieren auf dieses Erleben mit Angst und Aggression, mit Beschämung oder Niedergeschlagenheit.

Wenn ein Patient außer an einem Tumor auch an Demenz leidet, ist er selbst, aber sind auch die Angehörigen besonders belastet. Im Anfangsstadium der Erkrankung können sich die Betroffenen selbst noch mitteilen und registrieren auch noch bewusst die Veränderungen, die in ihnen vorgehen. Die geistige Verfasstheit wirkt sich auf die Kranken deshalb so irritierend aus, weil sie ihren Zustand erleben (und erleiden), aber nicht begreifen und anderen nicht plausibel erklären können.

An Demenz erkrankte Menschen büßen zwar ihr Erinnerungs- und Denkvermögen zunehmend ein, ihre Erlebnisfähigkeit und ihr Gefühlsleben bleiben aber bis zuletzt erhalten. Man kann davon ausgehen, dass sie über den Verlust an Fähigkeiten und Unabhängigkeit um so stärkere Trauer, aber auch Angst und Wut empfinden, als sie nicht mehr in der Lage sind, mit dem Verstand regulierend auf ihr Erleben des Versagens einzuwirken.


Zur häuslichen Betreuung von an Demenz erkrankten Menschen

gibt es inzwischen gute Ratgeber, so z.B. die Broschüre des Bundesministeriums

für Gesundheit

"Wenn das Gedächtnis nachlässt".

Sie enthält viele konkrete "Tipps" für den Umgang mit den Kranken.

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Verwirrtheit und Demenz erschweren die Kommunikation, aber wenn wir versuchen, uns in die Situation des Kranken einzufühlen, werden wir zu einer Verständigung kommen, die den Umgang und die Pflege erleichtert.

Eine Grundvoraussetzung besteht darin, dass wir als Begleiter dem Schwerkranken bis zuletzt das Recht einräumen, selbst zu entscheiden, mit wem er wann über was sprechen möchte. Ob er überhaupt etwas von dem mitteilen möchte, was ihn bewegt oder ob er nicht lieber darüber schweigen will, worüber zu reden ihm so schwer fällt. Dabei ist es wichtig, sich immer wieder darauf einzustellen, dass das, was heute für ihn das Richtige ist, schon morgen anders aussehen kann.

Wichtiger als Worte können Aufmerksamkeit und liebevolle Zuwendung sein, die Verständnis für die wechselnden Gefühlsregungen und Bedürfnisse des Kranken signalisieren und ihnen zu entsprechen suchen. Dazu gehört es dann z.B. auch,

    • es "stehen" zu lassen, wenn er den Wunsch äußert, möglichst bald sterben zu können oder doch noch eine mit Gewißheit nicht erfolgversprechende Therapie zu erhalten
    • sensibel zu sein für seinen oft nur vage angedeuteten Wunsch, sich zurückzuziehen und alleine zu sein
    • offen und bereit zu sein, sich selbst als Begleiter zurückzunehmen und den Platz für andere Ansprechpartner seiner Wahl zu räumen.

Überhaupt ist es wichtig, den eigenen, angemessenen Platz im Umfeld des Patienten immer neu zu finden; Absprachen und Vereinbarungen, soweit sie noch mit dem Sterbenden getroffen werden können, strikt einzuhalten und sich so am Krankenbett als verläßlich zu erweisen.

Das Thema "Sterben" erfordert ein hohes Maß an Diskretion. Es ist eher die Ausnahme, dass Sterbende direkt von ihrem Sterben sprechen oder gar eine Art Lebensbeichte am Ende ihres Lebens ablegen. Wohl aber haben sie das Bedürfnis, noch einmal Ereignisse und Begebenheiten aus ihrem Leben ins Gespräch zu bringen. Das sind meist sehr kleine alltägliche Dinge aus dem Berufs- oder Familienleben, der persönlichen Biographie mit ihren Höhen und Tiefen. Es sind vielfach Symbole für das, was im Leben dieses Menschen von Bedeutung war und seine Identität geprägt hat. Und zugleich sind sie Symbole der Hoffnung, dass diese Erfahrungen und Erlebnisse bleibenden Wert haben - auch über den bevorstehenden Tod hinaus.

Für den Begleiter ist es wichtig, ein offenes Ohr zu haben und dem Sterbenden Raum zu lassen. Er soll das Gefühl haben, in dem, was ihm bedeutsam ist, verstanden zu werden - mag es ausgesprochen werden oder unausgesprochen im Gespräch mitschwingen.

Es gibt aber auch die Situation der gegenseitigen Sprachlosigkeit am Kranken- und Sterbebett - gerade dann, wenn die Unausweichlichkeit des Todes spürbar wird. Der eine möchte den anderen schonen und wider besseres Wissen für ihn die Hoffnung auf Genesung bewahren. Fast alle Sterbenden spüren jedoch im Lauf der Zeit, wie es wirklich um sie steht. Hoffnung können sie nur dann bewahren, wenn sie mit diesem Gespür nicht alleine bleiben müssen und Menschen an ihrer Seite wissen, die ihnen offen und ehrlich begegnen.

Solche Ehrlichkeit besteht darin,

    • die eigene Ohnmacht und Grenzen zu akzeptieren,
    • sich selbst und den Sterbenden zu nichts mehr zu zwingen,
    • sich zu erlauben, nichts mehr tun zu müssen, was dem unvermeidlichen Sterben Einhalt gebietet,
    • und nicht zuletzt: auf floskelhafte Ausflüchte zu verzichten, und lieber zu schweigen und das Unausweichliche mitauszuhalten.

Grundsätzlich gilt: Das, was am Bett eines schwerst kranken Menschen gesagt wird, muss wahr sein; aber nicht alles, was wahr ist, muss auch gesagt werden. Es gilt, genau hinzuhören, was der Kranke wirklich noch wissen möchte, und dies mit Behutsamkeit und Rücksicht zu beantworten.

Wichtiger als Worte sind Gesten der Verbundenheit und angemessene Formen körperlicher Nähe und Berührung. Dies ist vor allem für bewusstlose Patienten und für Patienten, die selbst nicht mehr sprechen können, von großer Bedeutung. Aufmerksam und feinfühlig ist dabei darauf zu achten, dass eine Berührung auch der bestehenden Beziehung entspricht. Nicht jeder möchte z.B. gerne die Hand gehalten bekommen.

Schwerkranke und Sterbende erwecken nicht selten den Eindruck, als schliefen sie oder seien bewusstlos, dabei sind sie häufig in ihrer Wahrnehmungsfähigkeit "hellwach". Zum Feingefühl gehört deshalb unbedingt, dass man, auch wenn der Patient "abwesend" zu sein scheint, in seiner Gegenwart nicht mit Dritten über seinen Krankheitszustand, über seine Person, seine Lebenssituation oder gar über die " Zeit danach" spricht.

Je mehr es in einer Begleitung bis zuletzt gelingt, wahr- und aufzunehmen, was dem Sterbenden wichtig und bedeutsam ist, und darauf mit Worten, Gesten und einer entsprechenden inneren Haltung zu antworten, umso mehr Beistand und Trost ist möglich. Dann kann Hoffnung wachsen: wenn nicht auf Genesung, so doch auf noch möglichst viel kostbare gemeinsame Zeit; auf eine gute Sterbestunde, auf Frieden und Erlösung. Und damit auf einen tragenden Grund des Lebens und des Sterbens, der mehr ist als das, was "ich" und "du" in gegenseitiger Zugewandtheit einlösen können.

Wie Sie selbst bei Kräften bleiben können

Vergewissern Sie sich Ihrer Kraftquellen: Jeder Mensch braucht in Zeiten mit besonderem Stress bestimmte Kraftquellen, die ihm dabei helfen, wieder zu sich selbst zu kommen. Es ist wichtig, sich frühzeitig auf diese Quellen zu besinnen, bevor man sich ganz verausgabt hat. Welche Aktivitäten sind es, die Ihnen helfen aufzutanken? Ein täglicher Spaziergang in der Natur, ein paar Seiten in einem Buch, ein Musikstück, Arbeit im Garten, das Malen eines Bildes, eine Meditation, ein Mittagsschlaf - es gibt unzählige Möglichkeiten.

Nehmen Sie sich die Zeit für sich: Oft mag es so scheinen, als könne man diese Zeit für sich selbst jetzt nicht aufbringen. Man will den Schwerkranken nicht allein lassen und stellt alle eigenen Bedürfnisse zurück. Das führt schnell zu einer großen Belastung und Anspannung. Sensible Patienten spüren das und machen sich ihrerseits Sorgen. Und der Nebeneffekt ist: Sie versuchen, keine Last zu sein, pflegende Angehörige zu schonen oder bekommen Schuldgefühle, weil sie so viel Hilfe in Anspruch nehmen. Sie tun also sich und dem Patienten "keinen Gefallen", wenn Sie unachtsam mit Ihren Kräften umgehen.

Lassen Sie sich selbst helfen: Wenn man 24 Stunden täglich im Einsatz ist, um einen schwerstkranken Menschen zu pflegen oder bei Bedarf schnell zur Stelle zu sein, dann kann es passieren, dass man durch den großen Druck, der auf einem lastet, gar nicht mehr wahrnehmen kann, wer einem vielleicht helfen, und wo man sich Entlastung verschaffen könnte. Es ist, als habe man Scheuklappen auf. Man kann nur noch nach vorne blicken, man sieht nicht nach rechts und links, wo es Menschen gibt, die gerne helfen würden, wenn sie gefragt würden. Es kann gut sein, ein Tagebuch zu führen, um sich zu entlasten und wieder klarer zu sehen.

Gehen Sie gegen ein aufkommendes Gefühl des Allein-gelassen-Seins an: Viele Menschen fühlen sich durch die Erkrankung ihres Angehörigen zunehmend isoliert und von Freunden und Bekannten im Stich gelassen. Dass Nachbarn und Bekannte sich zurückziehen oder Ihnen gar aus dem Weg gehen, liegt häufig daran, dass sie (wie auch Sie selbst) verunsichert sind. Sie wissen nicht, was sie sagen und wie sie Ihnen begegnen sollen. Wenn Sie es schaffen, von sich aus eine Brücke zu schlagen und solche Freunde und Bekannte mit einzubeziehen, werden Sie erleben, dass oft eine große Bereitschaft zur Hilfe da ist. Sie sollten selbst die Initiative ergreifen, die Bekannten ansprechen und um Hilfe bitten. Vielleicht kann jemand für Sie den Einkauf übernehmen, den Rasen mähen oder ein Essen kochen? Sie werden erleben, dass viele Menschen froh sind, etwas tun zu können.

Nutzen Sie auch die Angebote des ambulanten Hospizes: Sie werden sehen, dass der Besuch eines Hospizhelfers Ihnen Entlastung verschaffen kann. So können Sie sich Dingen zuwenden, die für Sie selber wichtig sind oder dringend erledigt werden müssen. Der Patient ist betreut und hat seinerseits einmal einen anderen, einen "fremden" Gesprächpartner, und Sie selbst haben in dem Hospizhelfer auch jemanden, der Sie unterstützt. Schließlich ist es bei einer längeren Pflege sehr ratsam, sich auch nachts Entlastung zu verschaffen. Vielleicht kann jemand aus ihrem Verwandten- oder Freundeskreis ab und zu eine Nachtwache übernehmen, so dass Sie einmal eine Nacht durchschlafen können. Wer selbst genügend schläft, bleibt offener für andere.

Wie spirituelle Hilfe aussehen kann

Menschen, die schwer krank sind, brauchen, wie auch ihre Angehörigen, neben medizinisch-pflegerischer Betreuung und Unterstützung auch seelisch-geistliche Begleitung. Sie kann ihnen helfen, gemeinsam mit dem Schweren zurechtzukommen und in Frieden zu sterben oder den Anderen gehen zu lassen.

Die seelisch-geistliche Begleitung ist "Sorge für die Seele" in einem umfassenden Sinne, denn sie berührt die ganz persönlichen Bereiche eines Menschen, die ihm nicht selten selbst verborgen sind. Deshalb ist dabei besonders behutsam und einfühlsam auf die Wünsche und Signale der Betroffenen zu achten. Dies gilt gerade auch dann, wenn ein Seelsorger gerufen und um Begleitung gebeten werden soll.

Unsere Erfahrungen in der Begleitung von Schwerstkranken und Sterbenden zeigen: Wenn sie spüren, dass sie von diesem Leben Abschied nehmen müssen, sind ihnen drei Gewissheitenbesonders wichtig:

1. Ich bin wer.

2. Ich habe etwas fertig gebracht in meinem Leben.

3. Ich bin nicht allein.

Daraus lassen sich Grundsätze einer spirituellen Hilfe für die Betroffenen, für den Sterbenden und seine Angehörigen, gewinnen: Es geht darum, den Sterbenden zu (be)achten, ihn stolz werden zu lassen auf das, was er in seinem Leben geschafft hat, und ihn nicht im Stich zu lassen, wenn sein Körper ermattet und sein Lebenslicht erlischt.

Spirituelle Hilfe schenkt Achtung und Anerkennung, und damit hilft sie dem Sterbenden, zur Anerkennung seiner selbst zu kommen, d.h. seinem eigenen Leben die Anerkennung zu schenken, die es verdient: Er ist wer und hat etwas geschafft!

Wir Menschen können hungern, dürsten, Verluste erleiden, Schwieriges durchstehen - eines aber können wir auf Dauer nicht entbehren: Anerkennung und Achtung unserer selbst. Wer sich der eigenen Anerkennung gewiss wird, der wird "heil". Er kann auch friedvoller sterben, weil er durch die Beachtung, die ihm geschenkt wird, erfahren hat, dass er nicht umsonst gelebt, dass sein Leben bleibende Bedeutung hat.

Für Schwerstkranke, die sehr niedergedrückt sind, wenn sie aus ihrem Leben erzählen, niedergedrückt, weil ihnen in ihrem Leben anscheinend nicht allzu Vieles gelungen ist, besteht die spirituelle Hilfe darin, gemeinsam mit ihnen in ihrem Leben nach dem Ausschau zu halten, was aller Anerkennung wert ist: z.B. eine gelungene sportliche Betätigung, der Vorsitz in einem Verein, Treue in Beziehungen, ein Leben in Arbeit und Verantwortung, Verschwiegenheit, Hilfe in Not. Es ist lebenswichtig, auf etwas stolz sein zu können, gerade dann, wenn man das Leben verlassen, wenn man sterben muss und sich sagen kann: Es wird mir fehlen - das Leben.

Spirituelle Hilfe bedeutet weiter: "Bei den Menschen bleiben - bis zuletzt" - bei Menschen, die ein sehr schwieriges, vielleicht das schwierigste Wegstück ihres Lebens vor sich haben und die dieses gemeinsam miteinander gehen wollen. Es ist gut, wenn sie körperlich und geistig spüren, sie sind nicht allein gelassen, andere sind und bleiben bei ihnen - bis zuletzt.

So wichtig es ist, dem Kranken "Gesellschaft zu leisten", mit ihm zu sprechen und ihn medizinisch-pflegerisch gut zu versorgen; so unverzichtbar das Trösten der Betroffenen ist und die konkrete Hilfe, die ihnen Entlastung bringt - für ein Abschiednehmen in Frieden braucht es Menschen, die gemeinsam mit dem Sterbenden, seinen Angehörigen und Freunden Ausschau halten nach dem, was in einer Zukunft jenseits unseres irdischen Daseins und unseres jetzigen Begreifens liegt.

Deshalb ist spirituelle Hilfe immer eine Gemeinschaftsleistung, nicht nur eine Aufgabe von seelsorgerlichen Fachleuten, z.B. von Pfarrern. Oft sind die Angehörigen und Freunde die besten Seelsorger.

Gute, gemeinsam getragene spirituelle Hilfe - feinfühlig verantwortete Sorge für die Seele - wird den Schwerkranken und Sterbenden nicht anstrengen, sondern ihn liebevoll umsorgen.

Wo sich spirituelle Hilfe am Kranken- und Sterbebett bemüht, das Innerste des Menschen - seine Seele - einfühlsam für die heilende Kraft Gottes zu öffnen, da versteht sie sich als "Seelsorge im engeren Sinne". Sie wird ihre eigenen Akzente setzen.

Sie wird z.B. besonders darauf achten, dass nichts von dem, was der Kranke über sein Leben berichtet, eine Abwertung erfährt, auch dann nicht, wenn von Schuld die Rede ist. "Mit Schuld wird Gott fertig" - das ist ihre Botschaft am Sterbebett. Schuldig zu werden oder jemanden etwas schuldig zu bleiben, ist das Schicksal jedes Menschen. Aber es ist kein Hindernisgrund für die Liebe Gottes zu seinem Geschöpf: "Gott liebt den, der weiß, dass er schuldig geworden ist; er vergibt die Schuld." Die Leistung, die uns dazu abverlangt wird, besteht darin, uns die Schuld auch vergeben zu lassen: von Gott und von den Menschen (sofern sie dazu bereit sind).

Wenn die Seelsorge am Kranken- und Sterbebett etwas von diesem vergebenden Gott erlebbar machen kann, dann stützt sie den Kranken in der Anerkennung seines Lebens: er weiß sich, so wie er ist, von Gott anerkannt und geliebt.

Seelsorge wird am Kranken- und Sterbebett auch von der Glaubensgewissheit Zeugnis geben, wie sie Psalm 23 ausdrückt: "Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück, denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich." Gottes beschützende Nähe soll im seelsorgerlichen Reden und Tun erfahrbar werden - Gott, der das menschliche Leben mit seinen Höhen und Tiefen uneingeschränkt und bedingungslos umfangen hält und somit heil machen kann.

Vielleicht - dies ist die Hoffnung christlicher Seelsorge - wächst durch diese Zusage von Heil bei einem gläubigen Menschen die Hoffnung, dass auf der anderen Seite des finstern Tals ein liebender Gott ihn erwartet und aufnimmt. Oder im Kranken und Sterbenden keimt und erstarkt eine innere Gewissheit: Ich darf jetzt gehen, es ist geschafft und es ist jetzt gut so. Seelsorge im engeren Sinne will für den Sterbenden Fenster öffnen für die Erfahrung einer Liebe, die bleibt und ewiges Leben verheißt.

Wenn Liebe hier auf Erden gelingt und erfahrbar wird, so sagen die Menschen zu Recht

"Das ist ja himmlisch!" .